Auf der Stagecoach Trails Guest Ranch in Arizona
Mein LAG* und ich machen Urlaub in USA. Er kann einigermaßen gut reiten, meine letzten Reitstunden hatte ich mit dreizehn Jahren. Das ist lange her. Aber Pferde mag ich trotzdem.
Schon immer mal wollte ich auf einer echten amerikanischen Ranch ein paar Tage verbringen.
Das sollte bei unserer Rundreise mit dem Mietwagen durch Arizona doch wohl machbar sein.
Meine Wahl fällt auf die Stagecoach Trails Guest Ranch in der Nähe von Yucca. Da sie auch behinderten Gästen Ausritte ermöglichen, gehe ich davon aus, dass auch ich ohne Vorkenntnisse meinen Spaß haben werde.
Wir kommen aus dem quirligen, niemals schlafenden Las Vegas.
Tag und Nacht ist hier Lärm und viel Verkehr. Je weiter wir unserem Ziel entgegen kommen, desto weniger andere Autos sehen wir. Kein Wunder, sind wir doch in der Mohave Wüste. Was für eine Ruhe!
Wir sind froh, dass wir eine Wegbeschreibung von der Ranch bekommen haben. Hinweisschilder sind rar. Wer sich hierher verirrt, weiß wohin er will. Wir müssen von der geteerten Hauptstraße abbiegen. Es geht auf eine unbefestigte Straße mit viel Sand, sehr viel weichem Sand. Schafft unser Mietwagen das auch? Plötzlich ist die Straße weg. Dafür sieht es aus, als wären wir in einem Flussbett gelandet. Wie konnte das denn passieren, so mitten in der Wüste? Wir halten kurz an, obwohl wir Angst haben im weichen Sand stecken zu bleiben. Wir fahren kein Allradfahrzeug. Wir schauen uns um. Tatsächlich ist das wohl doch ein Teil der Straße, aber ausgewaschen von einem Bach, Fluss, Strom? Wir wissen es nicht, denn momentan ist es knochentrocken. Aber das ist wohl nicht immer so. Jedenfalls sind wir beruhigt, denn nach ein paar Metern können wir die Straße oder sagen wir besser die Sandpiste wieder erkennen. Wir fahren weiter.
Wir sehen weit und breit nur Wüste mit dürren Sträuchern. Wo ist die Ranch? Sind wir bei der letzten Weggabelung wirklich richtig abgebogen?
Da auf einmal sehen wir sie. Sie ist gebaut wie eine kleine, alte Westernstadt.
Wir fahren durch das Holztor, dort stehen auch schon die kleinen Pferde. Es sind keine Ponys, sondern die wendigen, gutmütigen, in allen Farben vorkommenden Indianerpferde.
Wir werden begrüßt und man weist uns unser Häuschen für die nächsten Tage zu. Schlüssel gibt es nicht, wer will hier schon einbrechen. Die Zimmer sind groß und außerordentlich bequem. Gegessen wird gemeinsam mit den Besitzern und den anderen Gästen im Haupthaus, wo auch gekocht wird.
Draußen lockt ein Swimmingpool mit Jacuzzi. Er lockt wirklich, denn obwohl es September ist, ist es heiß. Sicher weit über 30 Grad. Aber wir sind ja auch in der Wüste. Und es ist so ruhig. Man hört nur das vielstimmige Zirpen der Zikaden, ab und zu schnaubt eines der Pferde, sonst hört man fast nichts. Radios oder einen Fernseher sucht man hier vergebens.
Die Luft flimmert, es ist staubig. Wir schauen uns erstmal die Pferde an. Sie stehen neugierig in ihrem Korral, das eine oder andere kommt an den Zaun und will gestreichelt werden. Die sind wirklich freundlich, hat die Internetseite also nicht zu viel versprochen. Ausgeritten wird tagsüber nicht, das ist noch viel zu heiß. Morgens zwischen sechs und sieben Uhr, vor dem Frühstück geht es los und abends kurz vor Sonnenuntergang. Wir freuen uns schon, nur noch zwei Stunden bis dahin.
Wir finden uns fünfzehn Minuten vor dem geplanten Ausritt am Sattelplatz ein. Da stehen sie, einige Tiere sind schon gesattelt, ihre Reiter nehmen sie am Halfter. Wir stehen noch etwas unschlüssig herum. Da kommt einer der Angestellten auf uns zu. Fragt uns nach unseren Reitkenntnissen. Danach werden die Pferde den Reitern zugeteilt.
Ich bekomme einen schönen braunen Hengst, ganz lieb und ruhig soll er sein. Wir werden sehen. Mein LAG* bekommt auch ein braunes Pferd zugewiesen, allerdings merkt er gleich, dass das Tier wohl ein bisschen eigenwillig sein wird.
Wir Nichtreiter dürfen über eine kleine Treppe aufsteigen. Im Westernsattel sitzt man fast wie auf Omas Couch, die Zügel werden nur mit einer Hand gehalten. Das erklärt uns der Cowboy, der uns auch auf unserer Tour begleiten wird. Hier reitet keiner allein durch das Gelände. Wer sich hier nicht auskennt, der ist schnell verloren.
Es geht los, ganz gemächlich im Schritt. Mein Pferd ist ganz brav, wie versprochen. Es folgt den anderen. Mein LAG* muss da schon ein bisschen aufpassen. Sein Pferd findet, dass das Gras neben den Wegen wesentlich attraktiver ist, als nur hinter den anderen Pferden herzu trotten. Also gibt es etwas Motivationshilfe mit den Zügeln.
Ich lasse mich auf den Gang des Pferdes ein und ich schaukle ein wenig hin und her. Mein Blick schweift über die Wüste. Eigentlich sieht sie ganz platt aus, aber das täuscht gewaltig. Viele ausgetrocknete Flussbetten, Wash’s genannt, durchsäumen die Gegend. Einige so tief, dass man kaum über den Rand schauen kann. Schon lange können wir die Ranch nicht mehr sehen.
Hier kann man wirklich schnell verloren gehen. Nur zu schnell ist der Ausritt zu Ende. Schade, aber da wartet auch schon das Abendessen in der großen Halle.
Wow, echtes Cowboy Essen. Riesige Schüsseln auf den Tischen dampfen einladend. Reiten macht hungrig.
Draußen ist es inzwischen ganz dunkel geworden. Nach dem Essen gehen wir auf die Veranda. Weit und breit ist kein anderes Licht zu sehen, als das, das aus dem Haus kommt.
Über uns unzählige Sterne. Wer hat schon jemals so viele Sterne gesehen?! Der dunkelsamtige Himmel wird von ihnen erhellt. Und da sehe ich auch die Milchstraße über mir. Fast sieht sie aus, wie ein zartes Wolkenband, das noch ein bisschen Abendröte abbekommen hat. Aber das kann nicht sein, denn die Sonne ist schon lange untergegangen.
Die Milchstraße. So hatte ich sie noch nie gesehen. Nirgendwo sonst ist die Dunkelheit so perfekt, keine Luftverschmutzung oder elektrisches Licht stören die Sicht. Hier gibt es nichts, das die Reinheit der Luft verschmutzen könnte. Die absolute Stille ist fast greifbar. Wer braucht da schon einen Fernseher bei diesem Naturspektakel. Kaum einer der Gäste redet. Alle sind wie ergriffen von der Stille und der Schönheit des Firmaments.
So schön hatte ich mir den Aufenthalt nicht vorgestellt.
Ich freue mich schon auf morgen früh, wenn der nächste Ausritt stattfindet. Hoffentlich habe ich keinen zu großen Muskelkater…
*LAG= Lebensabschnittsgefährte, jetziger Ehemann
Liebe Gabriela! Wird gemacht! Und: Ja, kommt vor! – und wäre ja nicht das erste Mal…. – Freue mich auf die nächste Reise – so, oder so
Liebe Dagmar, Reisen sind wunderbare Ziele, wie auch manchmal der Weg das Ziel ist. Bis bald!
Deine Geschichten und Berichte sind wunderbare Reisen für den Kopf:: habe noch lange im Dunkeln herumgesessen und mir den Stenenhimmel und die Stille über der Wüste ausgemalt…..
bis mich ein zutiefst hiesiger Laubpuster von der Milchstraße gedrängt hat
Liebe Dagmar, ich freue mich, wenn ich dich auf eine „Traumreise“ schicken konnte. Manchmal wir aus solchen „Traumreisen“ ja sogar eine Traum-Reise. Ich freue mich, wenn du meinen Blog abonnierst und weiter empfiehlst. 🙂